… und liegt doch überall in Ketten.«
Jean-Jacques Rousseau
Rousseau, Jean-Jacques: Der Gesellschaftsvertrag oder Die Grundsätze des Staatsrechtes. Erster Satz des ersten Kapitels. Der Originaltext wurde 1762 veröffentlicht. Diverse Ausgaben und Übersetzungen.
Der Mensch ist frei geboren …
… und liegt doch überall in Ketten.«
Ich sehe in diesem Zitat die Ketten nicht als äußere Einflüsse, sondern als selbst auferlegte Regeln.
Rousseau sagt weiter: „Manch einer glaubt, Herr über die anderen zu sein, und ist ein größerer Sklave als sie.“
Durch Beurteilung geben wir einer Sache oder einer Handlung einen Wert. Aber nur unsere Realität bestimmt die Wertigkeit. Jemand anderes könnte der Sache oder Handlung keinen Wert beimessen und wäre somit freier.
Ich stimme überein, dass wir uns gewisse Regeln setzen sollten, um Orientierung zu haben und uns selbst zu definieren. Aber in welchem Maße? Ab wann werden die Ketten zur Qual?
Ich finde die Aussage von Eva Hammerschmidt auch sehr spannend, und muss ihr zustimmen.
Allerdings ob wir wirklich von Geburt an frei sind, ob wir in unserem Leben wirklich frei entscheiden, oder doch dem Determinismus unterliegen, denke ich wird sich nie klären, beziehungsweise durch die Wissenschaft nie erklären lassen. Es ist für mich im Grunde genommen nur eine Glaubensfrage, ob unser Leben von Anfang an in vorgezeichneten Spuren verläuft, oder ob wir wirklich, durch unsere Kraft und unseren eigenen Willen, unser Leben verändern können.
Aber um auf den zweiten Teil des Zitates einzugehen: wie viele Regeln benötigt es, dass eine so große Gesellschaft, miteinander, funktionieren kann und sie trotzdem nicht als „Ketten“ wahrgenommen werden?
Ich glaube dass in dieser Frage sich nicht alle einig sind, finde aber richtig was Lisa Scholl dazu sagt: […] Regeln und Gesetze ermöglichen es uns in einer großen Gemeinschaft zu leben. Ohne selbige könnten die Gesellschaft und ihre Werte nicht fortbestehen. […] .
Es braucht auch für mich einen Staat, der durch Regeln und Gesetzten, das Zusammenleben reglementiert. Und je größer die Gemeinschaft, umso mehr Organisation bedarf es. Anarchie wäre vermutlich reinstes Chaos, aber auch ein absoluter Kontrollstaat nicht das Richtige. Genau deswegen glaube auch ich, dass wir die „Ketten“ nie leichtsinnig hinnehmen sollten, und sie auf ihren Inhalt, Sinnhaftigkeit und Machbarkeit für uns als Bürger überprüfen sollten. Das Mitentscheiden dürfen ist ja im gewissen Sinne das größte Geschenk der Demokratie.
Das, denke ich, sollten wir uns immer wieder vor Augen halten damit wir nicht eines Morgens, im bildlichen Sinne, im Kerker, an der Wand gefesselt, aufwachen.
Jean-Jaques Rousseau hat mit dieser Aussage in Bezug auf gesellschaftliche Zwänge und Vorgaben durchaus recht, dennoch ist der erste Teil des Zitates nicht ganz geklärt. Wir wissen immer noch nicht, inwieweit der Mensch frei geboren ist, ob wir wirklich frei in unseren Entscheidungen sind. Ob der Libertarismus oder der Determinismus am Ende überwiegt, wird sich mit fortschreitender Wissenschaft womöglich zeigen.
Die „Ketten“ von denen Jean-Jaques Rousseau spricht, geben uns allerdings auch gewisse Freiheiten. Ein kompletter Anarchismus hätte zahlreiche Tücken. Gewisse Regeln und Vorgaben erlauben es uns erst gegenwärtig in einer so großen Gemeinschaft leben zu können. Ohne die Entwicklung solcher Regeln hätte die Menschheit wahrscheinlich nie eine gewisse Gruppengröße überschritten. Gemeinsame Mythen und erdachte Strukturen verhalfen uns zu der Gesellschaft in der wir jetzt leben. Dennoch ist es nicht schlecht, sich dieser Mythen bewusst zu sein, um sich freier in unserer Gesellschaft zu bewegen.
Eine interessante Aussage. Ich stimme Eva Hammerschmidt zu, dass uns die „Ketten“ von denen Jean-Jacques Rousseau spricht, eine gewisse Freiheit verleihen. Regeln und Gesetze ermöglichen es uns erst in einer großen Gemeinschaft zu leben. Ohne selbige könnte die Gesellschaft und ihre Werte nicht fortbestehen. Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass der Mensch bestimmte Ketten bzw. Regeln benötigt um sich wohlzufühlen. Sie verleihen uns Schutz und geben unserem Leben Rahmenbedingungen an denen wir uns orientieren können. Durch die Ketten wird zum Beispiel klar definiert was legal und was illegal ist oder was von einem Teil der Gesellschaft erwartet wird. Es ist jedoch wichtig die Ketten stetig zu hinterfragen und sie ihrer Notwendigkeit zu überprüfen.
Ich finde die Aussage von Lisa Scholl sehr richtig. „Ketten“ verleihen dem Menschen tatsächlich eine gewisse Freiheit. Denn Ketten sind nicht das gleiche wie Fesseln. Fesseln schränken eine Person komplett in ihrer Bewegungsfreiheit ein, während Ketten immerhin ein bisschen Spielraum für Bewegungen lassen. Ketten geben uns einen Radius, in dem wir uns bewegen können und dürfen. Denn wenn es keine Ketten gäbe, würde jeder Mensch vollkommen frei herumlaufen, ohne jegliche Einschränkungen, und das tun was ihm gerade in den Sinn kommt. Doch die Ketten, also die Regeln und Gesetze der Gesellschaft, sagen uns, was erlaubt ist und was nicht. Sie geben jedem Menschen einen Radius, in dem er sich bewegen kann, aber gleichzeitig schützen sie ihren Träger und die anderen Menschen voreinander, da man sich nur bis zu einem gewissen Punkt in den Radius einer anderen Person begeben kann.
Ich erachte es aber ebenso als wichtig, die Ketten ständig zu überprüfen, da sich in der heutigen Zeit vieles schnell ändert und so das Korrigieren und Anpassen der Ketten nötig ist, damit sich jeder im gleichen Radius bewegen kann.