… und es durch Meditation nicht finden kannst, so rate ich dir, mein lieber, sinnreicher Freund, mit dem nächsten Bekannten, der dir aufstößt, darüber zu sprechen. Es braucht nicht eben ein scharfdenkender Kopf zu sein, auch meine ich es nicht so, als ob du ihn darum befragen solltest: nein! Vielmehr sollst du es ihm selber allererst erzählen.«
Heinrich von Kleist
Kleist, Heinrich von: Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden. In: ders.: Sämtliche Werke und Briefe. Band 2. München: Dtv, 1987. S. 319.
Ein interessantes Zitat, das den Fokus nicht auf den Rat des Gegenübers legt, sondern auf das Aussprechen, das Mitteilen eigener Gedanken. Hierzu fällt mir ein, was Prof. Dr. Wilhelm Schmid in einem Vortrag an der Hochschule Konstanz sagte: Durch das Aussprechen eines Problems, eines Gedankens gewinnen sie an Objektivität, da es sich in unserem Inneren »löst« und nach außen wandert. Die »Lösung« liegt in der Lösung. Eine Methode, die ich auch sehr hilfreich finde, um zunächst Abstand und im nächsten Schritt Klarheit und neue Ideen und Erkenntnisse zu gewinnen, ist das Aufschreiben der Gedanken. Auch hier ist man gezwungen, abstrakte, ungreifbare Ansätze zu konkretisieren.
Indem man seine Gedanken und Meinungen laut ausspricht und mit anderen Menschen teilt, werden sie meist automatisch vom gegenüber auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. Durch eine kritische Diskussion kann man so gemeinsam der Wahrheit ein Stück näher kommen. Ein Gedankenaustausch mit anderen ist also sehr sinnvoll und man erhält so die Möglichkeit mit ganz anderen Sichtweisen über das Thema konfrontiert zu werden. Man kann seine eigenen Ansichten danach nochmals prüfen und gegebenenfalls verbessern.
Ich kann mich dem bisher Gesagten nur anschließen. Beschäftigt man sich mit etwas, kommen einem schnell ganz viele Gedanken in den Sinn, manchmal so viele, dass man gar nicht alle greifen und verfolgen kann. So sammeln sich über die „gedachte Zeit“ hinweg eine Menge Ansätze, die ein sehr großes Netz spannen.
Einerseits kann das gut für kreative Prozesse und Problemlösungen sein, aber auch schnell dazu führen, überfordert von den eigenen Gedanken zu sein.
Um sich aus dieser Wolke aus gedanklichen Informationen zu befreien, hilft es wirklich Gedanken auszusprechen. Geht man den Weg zurück zur Ursprungsidee oder zum Kerngedanken, werden einem die wichtigsten Aspekte wieder bewusst und man sieht klarer, welcher der kürzlich gedachten Ansätze wohl am sinnvollsten erscheint und der gewünschten Lösung am nächsten ist.
Seine Gedanken einem Mitmenschen mitzuteilen führt dazu, dass man sein eigenes Wissen oder den gedachten Gedanken, konkretisieren kann. Auch kommt man auf ganz neue Ideen und findet neue Zusammenhänge der gedachten Gedanken, wenn man diese vor anderen ausspricht, weil man gezwungen ist seine Gedanken vor und während dem Sprechen zu strukturieren und präzisieren, damit sie dem Gegenüber vermittelt werden können. Und manchmal kommt es auch vor, dass der Gegenüber sich bereits die selben Gedanken gemacht hat und möglicherweise schon zu einem Entschluss oder neuen Ansätzen/Erkenntnissen gekommen ist. Deswegen ist der Austausch auch gerade bei Designern so wichtig. Gestaltung ist etwas sehr Abstraktes. Durch das Sprechen mit dem Gegenüber jedoch, versucht man dieses Abstrakte zu etwas Greifbarem zu machen.
Ein sehr interessantes Zitat von Heinrich von Kleist. Beim Sprechen und Erzählen selbst kommt man oft auf neue Sichtweisen und Herangehensweisen. Oft durchdenkt man ein Thema über mehrere Stunden, Tage oder auch Monate. Das Denken ist ein unterbewusstes Selbstgespräch. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn man Gedanken vor anderen ausspricht, sei es auch ein Monolog, ergeben sich nochmal ganz neue Gedankenstränge und neue Erkenntnisse. Durch das laute Aussprechen unserer Gedanken entstehen nochmal ganz neue Lösungsansätze. Laut denken hilft meiner Meinung nach. Vielleicht sollte man auch öfters mal bewusst laut denken, gerade auch wenn keine andere Person im Raum ist. Es zuzulassen, Selbstgespräche zu führen und diese inneren Gedanken, bewusst auszusprechen, ohne sich dabei komisch vorzukommen.
Dem kann ich beipflichten und halte das laute Denken für etwas, das man für sich auf immer eigene Art nutzen kann. Nicht umsonst gibt es im User Experience Design den „Thinking-Aloud“-Test, bei dem Nutzer einen Prototypen testen und alles, was ihnen spontan in den Sinn kommt, laut monologisieren sollen. So finden Designer auf recht einfache Weise heraus, wo es den Prototypen noch zu optimieren gilt, um die bestmögliche Nutzerführung zu gewährleisten.