Die Auferstehung von den Toten

Ostern 2020 steht im Zeichen eines Virus, und wenn dies auch unwahrscheinlich klingt, die beiden Themen – das Fest und das Biest – können zusammenfinden. Nachzulesen ist das in dem 2015 erschienenen Buch »Supermacht des Lebens«, in dem Karin Mölling ihre Leser mit auf »Reisen in die erstaunliche Welt der Viren« nimmt.

Wie seit den Bemühungen unter dem Titel »Humanes Genomprojekt« bekannt ist, tragen Menschen massenhaft genetisches Material von ausgedienten Retroviren mit sich herum, also von Viren, die von der Natur mit Genen aus RNA auf die Reise geschickt werden und die DNA daraus erst anfertigen müssen – also retrograd. Die im Humangenom anzutreffenden Sequenzen von Retroviren stecken voller Stoppcodons und sonstiger Mutationen, die die Gene mehr oder weniger tot sein lassen,  wenn das Wort für Viren überhaupt angemessen ist.  Nun hat ein französischer Molekularbiologe sich eine Fülle der verkrümelter Retrovirus DNA angeschaut und daraus eine Virusgenom erst im Computer und dann mit einer Syntheseapparatur im Reagenzglas gebastelt – und siehe da: Das Ding lebte, das heißt, es vermehrte sich in den Zellen, in die seine DNA eingeschleust worden war. Wahrlich – die Auferstehung eines Toten.

Das Virus bekam den Namen von Phoenix, also des Vogels, der aus der Asche aufgestiegen ist. Man hätte es auch Dornröschen nennen können. Man wüsste nur zu gerne, wer Corona wach geküsst hat. Und wenn die Menschen dabei nicht gestorben sind, dann leben sie noch weiter.

Mölling, Karin: Supermacht des Lebens. Reisen in die erstaunliche Welt der Viren. München: C. H. Beck, 2014.